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Ein Gruß an die Schüler der Sekundarschule „Adolf Holst“ in Mücheln

10.03.2018: Vom 3. bis 5. März 2018 fuhr ich mit Maik Reichel, dem Direktor der Landes-zentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, nach Treblinka (Woiwodschaft Masowien in Polen).


Ein Gruß an die Schüler der Sekundarschule „Adolf Holst“ in Mücheln

Es freute mich, dass wir nun ganz konkret mit Dr. Edward Kopówka, dem Leiter der Gedenkstätte Treblinka, über meine damalige Idee, eine Partnerschaft mit einer Einrichtung in Sachsen-Anhalt aufzubauen, sprechen konnten. Und so erfolgten im o. g. Zeitraum gemeinsam alle wichtigen Abstimmungen im Hinblick auf die zukünftige Zusammenarbeit mit der Landeszentrale, den teilnehmenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt und mir als Dolmetscher in meiner Funktion als 2. Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.. Es ist eine Weiterführung der vielen guten Gespräche, die ich bereits in früheren Jahren mit Dr. Edward Kopówka führen konnte und dessen Arbeit wir alle sehr schätzen.

Sehr dankbar war ich auch dafür, dass wir u. a. viele interessante Fotografien von den Skulpturen bekamen, die Szenen aus dem Vernichtungslager Treblinka II darstellen. Sie sind eine Leihgabe für die Ausstellung, die am 15.04.2018 in der Willi-Sitte-Galerie in Merseburg eröffnet wird. Die Skulpturen wurden von Samuel Willenberg geschaffen. Er überlebte den Aufstand im August 1943 in Treblinka und berichtete als wichtiger Zeitzeuge bis zu seinem Tod 2016 über seine Erlebnisse. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Es geht nicht um Schuld, sondern um den Erhalt des Friedens!

Eine Herzensangelegenheit und sehr wichtig war mir außerdem, durch diese Fahrt auch wieder die Möglichkeit zu erhalten, Frau Jadwiga Stankiewicz-Jóźwik zu besuchen. Ich lernte diese sympathische Frau im letzten Jahr kennen, als ich die Schüler der Sekundarschule „Adolf Holst“ aus Mücheln während ihres Aufenthaltes in der Gedenkstätte Treblinka als Dolmetscher begleitete. Trotz ihrer inzwischen 92 Jahre meistern sie ihren Alltag in ihrem Zuhause in Sadowne (Masowien) noch selbst ohne fremde Hilfe, worauf sie sehr stolz ist. Es war auch diesmal wieder faszinierend, wie sie mit ihrer lebhaften und humorvollen Art sofort eine freundliche und entspannte Atmosphäre schaffte und gemeinsam mit ihrem Sohn auch Herrn Reichel herzlich in unsere Gespräche mit einbezog.

Zu ihrer Person gäbe es eigentlich viel mehr zu sagen als die nachfolgenden Fakten: Jadwiga Stankiewicz-Jóźwik ist eine Zeitzeugin des Zweiten Weltkrieges. 1999 erhielt sie die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“. Ihren Namen kann man auch in der Halle der Erinnerung in „Yad Vashem“ lesen. Auf der Medaille, die sie damals erhielt, steht: „Wer ein Leben rettet, der rettet die ganze Welt“. Trotz ihrer jungen Jahre verdankten ihr damals gleich vier Menschen das Leben. Als 15-jähriges Mädchen arbeitete sie als Haushalthilfe bei einer Familie in Warschau, die drei Juden versteckt hielten. Als die Gestapo am 31.12.1943 in die Wohnung eindringen wollte, behielt sie die Nerven und ermöglichte Zweien von ihnen die Flucht durch einen Hinterausgang. Die dritte, eine ältere Person, versteckte sie im Bett, gut eingewickelt in eine Steppdecke. So überlebten diese drei Menschen den so gefürchteten „Besuch“ der Gestapo! Außerdem rettete sie später noch einem jüdischen Jungen das Leben, indem sie ihm die Geburtsurkunde ihres verstorbenen Bruders gab. Familie Muszyński emigrierte nach dem Krieg in die USA. Janusz Kon kam mit der fremden Geburtsurkunde ebenfalls schadlos durch den Krieg.

Jadwiga Stankiewicz-Jóźwik bat mich sehr herzlich, die netten Schülerinnen und Schüler aus der Sekundarschule „Adolf Holst“ in Mücheln zu grüßen. Sie ist dankbar, dass es gerade diese jungen Menschen in der Zukunft sein werden, die davon erzählen, was sie irgendwann nicht mehr selbst tun können. Bei ihren Worten kam mir der Gedanke, den ich in ihrem Sinn gern so formulieren möchte: „Ihr Jugendlichen werdet für die nachfolgenden Generationen die Zeitzeugen sein, die mit den wirklichen Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges gesprochen haben.“ Und auch ich möchte mich bei allen bedanken, die dieses so wichtige Projekt unterstützen und bei den Jugendlichen für Ihre wunderbare Mitarbeit!

Dr. Edward Sułek
2. Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.